Leitfaden für die Kündigung eines Pachtvertrages und der Mitgliedschaft im Verein
1) Vorbemerkung:
Eine Kündigung kann immer nur die „ultima ratio“ im Kleingartenwesen sein. Der Vorstand sollte also immer erst das Gespräch mit dem betroffenen Pächter suchen.
Hierbei sind folgende Punkte zu beachten:
Wie lange bestehen die Mitgliedschaft im Verein und der Pachtvertrag schon? War das Verhältnis zwischen Mitglied und Vorstand bisher problemlos oder ziehen sich Konflikte schon über einen längeren Zeitraum?
- Bei unzureichender kleingärtnerischen Nutzung:
Ist der Pächter neu im Verein und hat er einen verwilderten Garten übernommen? Wieviel Zeit muss man ihm geben, um überhaupt mit einer entsprechenden Nutzung zu beginnen?
Welche Gründe hat die nunmehr unzureichende kleingärtnerische Nutzung? Ist diese etwa auf Grund einer Erkrankung des Pächters nur vorübergehend? Ist der Pächter ggf. bereit, seinen Garten im Wege der Gemeinschaftsarbeit herrichten zu lassen, wenn er die anfallenden Stunden bezahlt? - Bei einer Störung des Vereinsfriedens
Ist das konkrete Fehlverhalten wirklich schwerwiegend? Ist nicht evtl. eine Abmahnung mit dem Hinweis auf eine Kündigung im Widerholungsfall ausreichend? - Bei Zahlungsverzug mit der Pacht
Kann hier bei einem finanziellen Engpass des Pächters eine Ratenzahlung oder eine Stundung seitens des Vereins angeboten werden?
2) Übersicht Kündigungsgründe
a) Ordentliche Kündigung, § 9 Bundeskleingartengesetz (BKlgG)
- Bei fehlender kleingärtnerischen Nutzung
- Nutzen der Laube zu einem dauerhaften Wohnen
- Unbefugte Überlassung der Parzelle an einen Dritten
- Verweigerung geldlicher Leistungen und Gemeinschaftsleistungen
- Erhebliche Verletzung anderer Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen
b) Fristlose Kündigung, § 8 BklgG
- Drei Monate Zahlungsverzug hinsichtlich der Pacht
- Nachhaltige Störung des Vereinsfriedens durch Pächter oder von ihm geduldete Personen
- oder andere schwerwiegende Pflichtverletzungen
3) Die einzelnen Kündigungsgründe und die konkrete Vorgehensweise
a) Fristgerechte Kündigung
aa) Kündigung wegen fehlender kleingärtnerischer Nutzung
- Wie oben ausgeführt, ist zunächst das Gespräch mit dem Pächter zu suchen
- Bleibt ein solches Gespräch erfolglos, ist eine schriftliche Abmahnung auszusprechen. Inhalt einer Abmahnung: Konkrete Aufforderung für entsprechende Maßnahmen, also z. B. die „Schaffung offenen Bodens in einer Größe von zunächst … m x … m und dort der Anbau von Gemüse, Anpflanzung von mindestens … Beerensträuchern.“ Frist (je nach Zustand des Gartens): 4 - 6 Wochen; Ermessen des Vorstandes
- Nach Ablauf der Frist: Überprüfung der Durchführung der verlangten Arbeiten durch den Vorstand.
- Sind die Arbeiten durchgeführt worden, ist der Fall erledigt. Die Abmahnung bleibt aber in der Akte des Pächters.
- sind die Arbeiten nicht oder nicht vollständig erledigt, weitere schriftliche Abmahnung erneut mit konkreter Aufforderung, welche Arbeiten noch vorzunehmen sind mit erneuter Fristsetzung (nach Ermessen); hier Hinweis auf fristgerechte Kündigung, wenn die neue Frist ebenfalls ohne Ergebnis verstreicht.
Zur Kündigung:
- Grundsätzlich: Kündigung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BklgG immer nur zum 30.11., spätestens am 3. Werktag im August
- Einberufung einer Vorstandssitzung (ohne den Pächter) mit dem Tagesordnungspunkt: „Fristgerechte Kündigung des Pachtvertrages und der Mitgliedschaft im Verein des Pächters "Mustermann“
- Abstimmung des Vorstandes über diesen TOP
- Der Beschluss des Vorstandes ist dem Pächter schriftlich mitzuteilen. Hier der Hinweis, dass der Pächter die Möglichkeit hat, gegen diesen Beschluss innerhalb (mein Vorschlag) von 14 Tagen nach Zustellung Beschwerde beim Vorstand des Vereins gegen diesen Beschluss einzulegen.
- Erfolgt keine Beschwerde, ist der Beschluss rechtskräftig, so dass ggf. nach dem 30.11. eine Räumungsklage beim Amtsgericht eingereicht werden kann.
- Erfolgt eine Beschwerde fristgerecht: Neue Vorstandssitzung mit dem TOP: „Beschwerde des Pächters Mustermann gegen den Beschluss des Vorstande vom … (Kündigung des Pachtvertrages und der Mitgliedschaft im Verein“. Ladung des Pächters mit einer Ladungsfrist von mindestens 7 Tagen; besser: 2 Wochen
- Im Rahmen dieser Sitzung soll der Pächter die Gründe für seine Beschwerde vortragen. Wenn hier keine Einigung möglich: Beschluss des Vorstandes über Beschwerde = Bestätigung der Kündigung
- Zustellung dieses Beschlusses an Pächter mit der Rechtsmittelbelehrung, dass er hiergegen innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung Beschwerde beim Stadt- und Bezirksverband (Schlichtungsausschuss) einlegen kann, § 23 Abs. 1 der Satzung
bb) Kündigung wegen Nutzen der Laube zu einem dauerhaften Wohnen
- Grundsätzliches Problem: wann kann eine dauerhaftes Wohnen festgestellt werden? Gelegentliche Übernachtungen - auch nacheinander - sicherlich unschädlich; Beweislast beim Vorstand
- Vorgehensweise ansonsten wie unter a): Gespräch, 2 Abmahnungen, Kündigung
cc) Unbefugte Überlassung der Parzelle an einen Dritten
Grundsätzliches Problem: Hilfen durch einen Dritten bei Gartenarbeiten sicherlich zulässig, insbesondere bei Krankheit und Alter des Pächters; bei vorübergehender Abwesenheit des Pächters auch komplette Pflege des Gartens durch einen Dritten denkbar; dauerhafte Überlassung dann, wenn sich der eigentliche Pächter über Monate überhaupt nicht oder nur ganz selten sehen lässt, statt dessen aber ein Dritter dauerhaft Präsent ist. Auch hier: Beweislast beim Vorstand
- Vorgehensweise ansonsten wie unter a): Gespräch, 2 Abmahnungen, Kündigung
dd) Verweigerung geldlicher Leistungen und Gemeinschaftsleistungen
- Verweigerung geldlicher Leistungen: Orientierung an § 8 BKlgG = ¼ Jahr im Verzug, keine Zahlung innerhalb von zwei Monaten nach schriftlicher Mahnung
Aa1) Rechnung mit Aufforderung, den Rechnungsbetrag spätestens bis zum … anzuweisen
Bb1) Nach Fristablauf Mahnung + Aufforderung zur sofortigen (besser: kurze Frist) Begleichung der Rechnung mit Hinweis auf Möglichkeit fristgerechter Kündigung
Cc1) Kündigung möglich nach zwei Monaten nach Zugang der Mahnung, sofern Pächter insgesamt 3 Monate im Verzug
Beispiel:
Rechnung vom 15. Januar, Zahlungsfrist: 1. Februar
Zugang Mahnung am 09. Februar, dort Frist bis zum 15. Februar = Verzug (Fälligkeit 1. Februar und Fristablauf 15. Februar Mahnung ) ab 16. Februar
Keine Zahlung bis 16. April = zwei Monate nach schriftlicher Mahnung
3 Monate Verzug aber erst ab 16. Mai, also dann erst Kündigung möglich; dann keine weiteren Abmahnungen erforderlich
Ansonsten Kündigung wie unter 3a): Kündigung (Vorstandssitzung etc.)
- Verweigerung Gemeinschaftsleistungen
In der Praxis wohl eher nicht relevant, da i. d. R. Zahlungsverpflichtung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden; falls hierfür keine Zahlung: Vorgehensweise s. o.
ee) Erhebliche Verletzung anderer Verpflichtungen, die die Nutzung des Kleingartens betreffen
z. B.: Unzulässige Errichtung von Swimmingpools, Schuppen und Anbauten, beharrliche Verweigerung von Rückbaumaßnahmen; dauernde Partys mit Lärmbelästigung
Vorgehensweise bei Kündigung wie unter 3a.
b) Fristlose Kündigung
aa) wegen Zahlungsverzug hinsichtlich Pacht
Die Pacht ist i. d. R. in der Jahresrechnung enthalten. Wenn hier keine Zahlung, also auch nicht für die Pacht, erfolgt, sind die Voraussetzungen für eine Fristlose Kündigung zu prüfen = 3 Monate Zahlungsverzug
Voraussetzungen für Verzug: Fälligkeit + Mahnung + 3 Monate nach Zugang der Mahnung
Beispiel:
Jahresrechnung mit Pacht erstellt am 15. Februar, zahlbar bis 1. März
Mahnung mit Aufforderung zu sofortiger Zahlung am 10. März, Zugang am 13. März
Kündigung ab 14. Juni möglich
Vorgehensweise wie unter 3a.
bb) Nachhaltige Störung des Vereinsfriedens durch Pächter oder von ihm geduldete Personen
z. B.: Körperverletzung, Diebstahl oder Beleidigung zu Lasten anderer Vereinsmitglieder
Hier kommt es auf den Einzelfall an. Zu prüfen ist immer, ob zuvor nicht eine Abmahnung mit dem Hinweis auf eine Kündigung im Wiederholungsfall ausreichend ist.
Vorgehensweise wie unter 3a.
cc) andere schwerwiegende Pflichtverletzungen
Hierunter fällt alles, was unter aa) und bb) nicht richtig passt. Es handelt sich also um einen Auffangtatbestand
4) Zustellung
Die Darlegungs- und Beweislast für den Beginn und den Ablauf von Fristen obliegt dem Verein. Die Zustellung einzelner Schreiben muss der Verein also beweisen können.
Zustellungsmöglichkeiten:
- Per Boten: Ein Vorstandsmitglied „tütet“ ein Schreiben in Anwesenheit eines anderen Vorstandsmitglieds ein. Dieses wirft das Schreiben in den Briefkasten des Empfängers (Datum und Uhrzeit notieren!)
- Per Einwurfeinschreiben
- Per Einschreiben: Eher abzuraten. Wenn Empfänger nicht angetroffen und Abholschein in den Briefkasten geworfen wird, der Empfänger den Brief aber nicht abholt, wird dieser an den Absender zurückgeschickt. Folge: Keine Zustellung
- Persönliche Übergabe: Auch hier Datum und Uhrzeit notieren
- Niederlegung im Garten des Pächters: Auch hiervon ist abzuraten, insbesondere wenn der Pächter sich nur selten in seinem Garten aufhält
Autor
Arnold Knepper
(Vorsitzender des Schlichtungsausschusses)
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